FAQ 3.1 | Wird der Ozean wärmer?

Ja, der Ozean erwärmt sich in vielen Regionen, Tiefenbereichen und Zeiträumen, aber weder überall noch kontinuierlich. Die Erwärmung tritt am deutlichsten in Erscheinung, wenn man global oder auch über einzelne Ozeanbecken gemittelte Werte über Zeiträume von zehn oder mehr Jahren betrachtet.

Die Ozeantemperatur kann überall beträchtlich mit den Jahreszeiten schwanken. Sie kann aufgrund von Schwankungen in den Meeresströmungen und im Wärmeaustausch zwischen dem Ozean und der Atmosphäre auch erheblich von Jahr zu Jahr schwanken – oder sogar von Jahrzehnt zu Jahrzehnt.

Ozeantemperaturen wurden schon seit Jahrhunderten gemessen, aber erst seit etwa 1971 sind die Messungen so umfassend, dass man die mittlere globale Temperatur der oberen hundert Meter des Ozeans für ein bestimmtes Jahr sicher abschätzen kann. Tatsächlich war, bevor das internationale Argo-Array – bestehend aus Temperatur- und Salzgehaltprofil messenden Treibbojen – im Jahr 2005 eine weltweite Abdeckung erreichte, die mittlere globale Temperatur des oberen Ozeans jedes beliebigen Jahres abhängig von der für die Berechnung verwendeten Methode.

Die mittleren globalen Temperaturen des oberen Ozeans sind von 1971 bis 2010 in jedem Jahrzehnt angestiegen. Trotz großer Unsicherheiten in den meisten Jahresmittelwerten stellt diese Erwärmung ein belastbares Ergebnis dar. In den oberen 75 m des Ozeans liegt für diesen Zeitraum der mittlere globale Erwärmungstrend bei 0,11 [0,09 bis 0,13] °C pro Jahrzehnt. Dieser Trend verringert sich generell von der Oberfläche bis in die mittleren Wassertiefen. Er sinkt auf ungefähr 0,04 °C pro Jahrzehnt in 200 m Tiefe und auf weniger als 0,02 °C pro Jahrzehnt in 500 m Tiefe.

Temperaturanomalien erreichen Schichten unterhalb der Meeresoberfläche nicht nur durch Vermischung von oben, sondern auch über bestimmte Pfade (FAQ 3.1, Abbildung 1). Kälteres – somit dichteres – Wasser aus den höheren Breiten kann von der Oberfläche absinken und dann unterhalb des wärmeren, leichteren Wassers in niedrigeren Breiten in Richtung Äquator strömen. An einigen Orten – dem nördlichen Nordatlantik und dem Südlichen Ozean um die Antarktis herum – kühlt  das Meerwasser so stark ab, dass es bis in große Tiefen absinkt, sogar bis zum Meeresgrund. Dieses Wasser verteilt sich dann und füllt so einen großen Teil der übrigen Tiefsee. Wenn sich das oberflächennahe Wasser des Ozeans erwärmt, dann erwärmen sich mit der Zeit auch diese absinkenden Wassermassen und das führt dazu, dass die Temperaturen im Ozeaninnern deutlich schneller ansteigen als dies bei Vermischung von der Oberfläche her allein der Fall wäre.

Im Nordatlantik schwankt die Temperatur dieses Tiefenwassers von Jahrzehnt zu Jahrzehnt – manchmal erwärmt es sich, manchmal kühlt es sich ab – abhängig von den im Winter vorherrschenden atmosphärischen Bedingungen. Um die Antarktis herum hat sich das Bodenwasser von 1992 bis 2005 nachweislich erwärmt, möglicherweise durch die Verstärkung der Westwinde über dem Südlichen Ozean und deren Verschiebung nach Süden während der letzten Jahrzehnte. Dieses Erwärmungssignal im tiefsten und kältesten Bodenwasser des Weltozeans ist nachweisbar, auch wenn es sich nach Norden hin im Indischen, Atlantischen und Pazifischen Ozean abschwächt. Die Erwärmungsraten in der Tiefsee sind im Allgemeinen kleiner als die an der Meeresoberfläche (etwa 0,03 °C pro Jahrzehnt seit den 1990er Jahren im Tiefen- und Bodenwasser um die Antarktis herum und an vielen anderen Stellen geringer). Allerdings erfolgt die Erwärmung in einem großen Volumen, weswegen die Erwärmung des tiefen Ozeans wesentlich zum Gesamtanstieg des Wärmegehalts im Ozean beiträgt. 

Schätzungen historischer Änderungen der mittleren globalen Ozeantemperatur haben sich in den letzten Jahren verbessert, vor allem dank der Erfassung und Verringerung systematischer Messfehler. Durch den sorgfältigen Vergleich ungenauerer Messungen mit wenigen, dafür aber genaueren Beobachtungen an benachbarten Standorten und zu ähnlichen Zeiten haben Wissenschaftler einige instrumentell bedingte Fehler in den historischen Aufzeichnungen verringert. Diese Verbesserungen machten deutlich, dass die mittleren globalen Ozeantemperaturen viel stetiger von Jahr zu Jahr gestiegen sind, als man vor 2008 angenommen hatte. Dennoch mag die mittlere globale Erwärmungsrate zeitlich nicht gleichmäßig sein. In manchen Jahren scheint sich der Ozean schneller als im langfristigen Trend zu erwärmen, in anderen scheint die Erwärmungsrate abzunehmen. 

Seine große Masse und seine hohe Wärmekapazität erlauben es dem Ozean, große Mengen an Energie zu speichern – mehr als tausendmal so viel, wie die Atmosphäre bei einem äquivalenten Temperaturanstieg speichern würde. Die Erde absorbiert mehr Wärme als sie ins All zurück emittiert und fast die gesamte Menge dieses Wärmeüberschusses geht in die Ozeane und wird dort gespeichert. Der Ozean hat über 93% der Wärme absorbiert, die zwischen 1971 und 2010 durch die Erwärmung von Luft, Meer und Land sowie durch das Schmelzen von Eis zusammen gespeichert wurde. 

Die große Wärmekapazität des Ozeans und seine langsame Zirkulation verleihen ihm eine erhebliche thermische Trägheit. Oberflächennahe Ozeantemperaturen benötigen etwa ein Jahrzehnt, um sich auf einen klimatischen Antrieb, wie beispielsweise Änderungen der Treibhausgaskonzentrationen, hin anzupassen (Abschnitt 12.5). Daher gilt, wenn die Treibhausgaskonzentrationen in Zukunft auf dem heutigen Niveau gehalten werden könnten, würde sich die Erwärmung der Erdoberfläche innerhalb eines Jahrzehnts verlangsamen. Tiefseetemperaturen würden jedoch über Jahrhunderte bis Jahrtausende weiter steigen (Abschnitt 12.5) und daher würde auch der Meeresspiegel über Jahrhunderte bis Jahrtausende weiter ansteigen (Abschnitt 13.5).

FAQ 3.1, Abbildung 1 | Pfade der Wärmeaufnahme im Ozean. Der Ozean ist geschichtet, wobei sich das kälteste, dichteste Wasser in der Tiefsee befindet (obere Tafeln: die Weltkarte oben dient der Orientierung). Kaltes antarktisches Bodenwasser (dunkelblau) sinkt um die Antarktis herum ab und verteilt sich dann nordwärts entlang des Meeresgrunds in den zentralen Pazifik (obere, linke Tafel: Übergang von Rot zu Weiß in den Pfeilen zeigt eine stärkere Erwärmung desjenigen Bodenwassers, das zuletzt Kontakt mit dem Oberflächenwasser hatte) und in den Westatlantik (oberes, rechtes Bild) sowie in den Indischen Ozean (nicht gezeigt). Weniger kaltes und deswegen leichteres, nordatlantisches Tiefenwasser (helleres Blau) sinkt im nördlichen Nordatlantik ab (obere, rechte Tafel: der rot-blaue Pfeil in der Tiefsee zeigt dekadische Erwärmung bzw. Abkühlung) und breitet sich dann nach Süden über dem antarktischen Bodenwasser aus. Ebenso sinkt im oberflächennahen Ozean (untere, linke Tafel zeigt einen Pazifik-Ausschnitt, rechte Tafel einen Atlantik-Ausschnitt) kaltes Zwischenwasser (türkis) in subpolaren Regionen ab (Übergang von Rot nach Weiß in den Pfeilen zeigt eine Erwärmung mit der Zeit an), bevor es sich unter warmen, subtropischen Wassern (grün) in Richtung Äquator ausbreitet. Das subtropische Wasser seinerseits sinkt ab (Übergang von Rot nach Weiß in den Pfeilen zeigt eine stärkere Erwärmung desjenigen Zwischen- und subtropischen Wassers, das zuletzt Kontakt  mit der Oberfläche hatte) und breitet sich unter dem tropischen Wasser, dem wärmsten und leichtesten Wasser in allen drei Ozeanen (orange), in Richtung Äquator aus. An der Meeresoberfläche in den Ozean gelangende Wärmeüberschüsse oder -defizite (gewellte rote Pfeile oberhalb der Meeresoberfläche) vermischen sich ebenfalls langsam nach unten (gewellte rote Pfeile unterhalb der Meeresoberfläche).

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Diese deutsche Übersetzung sollte zitiert werden als:

IPCC 2014: Klimaänderung 2013: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Häufig gestellte Fragen und Antworten – Teil des Beitrags der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) [T.F. Stocker, D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex und P.M. Midgley (Hrsg.)]. Deutsche Übersetzung durch die deutsche IPCC-Koordinierungsstelle und Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg, Bonn, 2017.