FAQ 2.2 | Haben sich die Klimaextreme verändert?

Es gibt starke Belege dafür, dass die Erwärmung der Erde seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu Änderungen der Temperaturextreme – einschließlich Hitzewellen – geführt hat. Wahrscheinlich haben in diesem Zeitraum auch Starkniederschläge zugenommen, allerdings unterscheiden sich die Zunahmen je nach Region. Für andere Extreme, wie beispielsweise die Häufigkeit tropischer Wirbelstürme, kann jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass es während des Beobachtungszeitraums erkennbare Änderungen gegeben hat, abgesehen von einigen begrenzten Regionen.

Ob von Hitzewelle bis Kälteeinbruch oder von Dürre bis zu sintflutartigen Regenfällen – die Erfassung und die Analyse von Klimaextremen stellen eine besondere Herausforderung dar. Nicht nur, weil diese Ereignisse selten auftreten, sondern auch, weil sie ausnahmslos mit zerstörenden Auswirkungen verbunden sind. Außerdem gibt es in der wissenschaftlichen Literatur keine einheitliche Definition dessen, was ein Klimaextrem ausmacht, was global vergleichende Bewertungen dieser Extreme erschwert.

Obwohl sich ein Klimaextrem absolut gesehen von Ort zu Ort unterscheidet – beispielsweise weist ein heißer Tag in den Tropen einen anderen Temperaturwert als ein heißer Tag in den mittleren Breiten auf – haben internationale  Anstrengungen zur systematischen Beobachtung von Klimaextremen signifikante globale Änderungen aufgezeigt.

So haben beispielsweise – bei konsistenter Definition kalter (< 10. Perzentil) und warmer Tage (> 90. Perzentil) – in den meisten Regionen der Erde warme Tage und Nächte zugenommen, während kalte Tage und Nächte abgenommen haben; die wenigen Ausnahmen stellen die Mitte und der Osten Nordamerikas sowie das südliche Südamerika dar, allerdings vor allem bezüglich der Tagestemperaturen. Diese Änderungen zeigen sich vor allem in den extremen Tiefsttemperaturen, beispielsweise warmer Nächte. Die begrenzte Datenverfügbarkeit erschwert die Herstellung eines kausalen Zusammenhangs zu gestiegenen Durchschnittstemperaturen, aber FAQ 2.2, Abbildung 1 zeigt, dass die globalen Tagestemperaturextreme sich durchaus verändert haben. Ob diese Änderungen nur mit dem Anstieg des täglichen Temperaturmittelwerts verbunden sind (gestrichelte Linien in FAQ 2.2, Abbildung 1), oder ob andere Änderungen in der Verteilung von Tages- und Nachttemperaturen stattgefunden haben, ist noch Gegenstand aktueller Diskussionen.

FAQ 2.2, Abbildung 1 | Wahrscheinlichkeitsverteilung der Anomalien der (a) Tagestiefst- und (b) Tageshöchsttemperatur für die zwei Zeiträume von 1951–1980 (blau) und 1981–2010 (rot) relativ zu den Klimadaten 1961–1990 unter Verwendung des HadGHCND Datensatzes. Die blau und rot unterlegten Bereiche zeigen jeweils die kältesten und die wärmsten 10% der (a) Nächte und (b) Tage im Zeitraum 1951–1980. Die dunkler unterlegten Bereiche zeigen, um wieviel sich die Anzahl der kältesten Tage und Nächte reduziert (dunkelblau) und um wieviel die Anzahl der wärmsten Tage und Nächte (dunkelrot) im Zeitraum 1981–2010 gegenüber 1951–1980 zugenommen hat.

Hitzeperioden oder Hitzewellen, also Zeiträume mit aufeinanderfolgenden extrem heißen Tagen oder Nächten, wurden ebenfalls untersucht; allerdings gibt es weniger Studien über die Eigenschaften von Hitzewellen als solche, die die Änderungen lediglich warmer Tage und Nächte vergleichen. Über den meisten Landflächen weltweit, für die Daten verfügbar sind, kam es seit der Mitte des 20. Jahrhunderts vermehrt zu Hitzewellen. Eine Ausnahme ist der Südosten der USA, wo im Allgemeinen weniger und kürzere Hitzewellen gemessen wurden. Dies wird mit dem so genannten „Erwärmungsloch“ (warming hole) in dieser Region in Verbindung gebracht, wo auch die Niederschläge zugenommen haben. Dies könnte mit Wechselwirkungen zwischen Landoberfläche und Atmosphäre sowie mit langfristigen Änderungen im Atlantischen und Pazifischen Ozean verbunden sein. Allerdings sind Informationen über Änderungen von Hitzewellen für große Regionen, vor allem in Afrika und Südamerika, nur begrenzt verfügbar.

Für Gebiete wie beispielsweise Europa, wo historische Temperaturrekonstruktionen über mehrere hundert Jahre zurückreichen, gibt es einige Anzeichen, dass in manchen Regionen extreme Hitzewellen in den letzten Jahrzehnten unverhältnismäßig häufig aufgetreten sind. Änderungen von Extremwerten anderer Klimavariablen sind aufgrund der begrenzten Datenverfügbarkeit und Inkonsistenzen zwischen verschiedenen Studien, Regionen und/oder Jahreszeiten generell weniger kohärent als für die Temperatur beobachtet. Allerdings sind beispielsweise Zunahmen von Niederschlagextremen konsistent mit einem wärmeren Klima. Analysen über Landflächen mit ausreichender Datenlage weisen auf einen Anstieg  der Häufigkeit und Intensität von Extremniederschlagsereignissen in den letzten Jahrzehnten hin, die Ergebnisse unterscheiden sich jedoch erheblich je nach Region und Jahreszeit. Beispielsweise existieren für einen Anstieg extremer Niederschlagsereignisse in Nordamerika, Zentralamerika und Europa die schlüssigsten Belege, während es in einigen anderen Regionen – unter anderem Südaustralien und Westasien – Belege für Abnahmen gibt. Genauso stimmen Dürrestudien nicht hinsichtlich des globalen Trendsignals überein, wobei regionale Inkonsistenzen der Trends auch davon abhängen, wie Dürre definiert ist. Insgesamt gibt es jedoch Hinweise darauf, dass Dürren seit der Mitte des 20. Jahrhunderts in einigen Regionen zugenommen (z. B. dem  Mittelmeerraum), in anderen dagegen abgenommen (z. B. Zentrales Nordamerika) haben.

Betrachtet man andere Extreme, wie beispielsweise tropische Wirbelstürme, zeigen die neuesten Bewertungen, dass es aufgrund von Problemen mit den bisherigen Beobachtungsmöglichkeiten schwierig ist, schlüssige Aussagen über langfristige Trends abzuleiten. Trotzdem gibt es konkrete Belege dafür, dass die Sturmaktivität im Nordatlantik seit den 1970er Jahren zugenommen hat.

Berücksichtigt man Unsicherheiten in den Beobachtungsmethoden, gibt es über einen Zeitraum von einem Jahrhundert oder mehr Belege für leichte Abnahmen der Häufigkeit tropischer Wirbelstürme, die das Festland der nordatlantischen und der südpazifischen Ozeanküsten erreichen. Für andere Meeresbecken gibt es nur wenige Belege für langfristige Trends. Bezüglich außertropischer Stürme ist über die letzten 50 Jahre in beiden Hemisphären eine Verschiebung in Richtung der Pole zu beobachten, wobei es weitere, jedoch begrenzte Belege dafür gibt, dass die Sturmhäufigkeit in den mittleren Breiten abgenommen hat. Mehrere Studien weisen auf einen Anstieg der Intensität hin, Probleme bei der Datenerfassung erschweren diese Bewertungen jedoch. 

FAQ 2.2, Abbildung 2 fasst einige der beobachteten Änderungen von Klimaextremen zusammen. Insgesamt zeigen sich die robustesten globalen Änderungen von Klimaextremen in Messungen der Tagestemperaturen, was zu einem gewissen Grad Hitzewellen mit einschließt. Extreme Niederschlagsereignisse scheinen ebenfalls zuzunehmen, jedoch gibt es eine große räumliche Variabilität. Die beobachteten Dürretrends sind, abgesehen von ein paar Regionen, noch unsicher. Obwohl seit den 1970er Jahren robuste Anstiege in der Häufigkeit und der Aktivität tropischer Wirbelstürme im Nordatlantik festgestellt werden konnten, sind die Gründe dafür noch nicht geklärt. Es gibt nur begrenzte Belege dafür, dass sich seit Mitte des 20. Jahrhunderts Extreme, die mit anderen Klimavariablen verbunden sind, verändert haben.

FAQ 2.2, Abbildung 2 | Trends in der Häufigkeit (oder Intensität) verschiedener Klimaextreme (Pfeilrichtung zeigt die Änderungsrichtung) seit Mitte des 20. Jahrhunderts (mit Ausnahme der Stürme über dem Nordatlantik, bei denen der Zeitraum seit den 1970er Jahren abgedeckt wird).

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Diese deutsche Übersetzung sollte zitiert werden als:

IPCC 2014: Klimaänderung 2013: Naturwissenschaftliche Grundlagen. Häufig gestellte Fragen und Antworten – Teil des Beitrags der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) [T.F. Stocker, D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S.K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex und P.M. Midgley (Hrsg.)]. Deutsche Übersetzung durch die deutsche IPCC-Koordinierungsstelle und Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg, Bonn, 2017.